Wasserkraft bezeichnet die Energie des Wassers, die entweder in Form der Strömung von Flüssen (kinetische Energie) oder in Form von Höhenenergie bei Stauseen (potenzielle Energie) vorliegt. Während man früher damit Schöpfräder oder Mühlen angetrieben hat, verwendet man sie heute zumeist zur Erzeugung von elektrischer Energie.
Da die Wasserkraft im Jahresverlauf relativ konstant vorliegt (hohe Grundlast) und bei dieser Art der Stromerzeugung keine fossilen Brennstoffe verwendet werden, spielt die Wasserkraft eine entscheidende Rolle bei der durchgehenden Versorgung von ökologisch produziertem Strom.
Wie wird aus Wasser Strom?
Der Druck des Wassers auf die Schaufeln einer Turbine im Inneren eines Kraftwerkes bewirkt deren Drehung. Diese Drehbewegung treibt einen Generator an, dessen Elektromagnete in seinem Inneren durch ihre Rotation in einer Spule Strom erzeugen.
Welche Bedeutung hat Wasserkraft in Niederösterreich?
Die Wasserkraft in Niederösterreich hat eine lange Tradition. Auch bei der EVN gehen die Anfänge der Wasserkraft bereits weit zurück. Schon im Jahr 1910 geht das Speicherkraftwerk Wienerbruck – die Urzelle der heutigen EVN – in Betrieb. Es folgten viele kleinere und auch größere Wasserkraftwerke wie beispielsweise auch das Pumpspeicherkraftwerk in Ottenstein. Die Stromproduktion aus Wasserkraft deckt, nicht zuletzt aufgrund der großen Kraftwerke an der Donau und am oberen Kamp, aber auch durch die rund 600 niederösterreichischen Kleinwasserkraftanlagen (Anlagen bis 10 MW Nennleistung) gleich mehrfach den Strombedarf der niederösterreichischen Haushalte.
Welchen Wirkungsgrad haben Wasserkraftwerke?
Die Erzeugung von Strom aus Wasserkraft ist sehr effizient: Bis zu 90 % der Energie des Wassers kann in elektrischen Strom umgewandelt werden. Der verbleibende kleine Rest geht als Wärme verloren. Zum Vergleich: Bei der Stromproduktion aus Kohle wird nur 30-45 % der kalorischen Energie der Kohle in elektrischen Strom umgewandelt, der Rest ist Abwärme.
Welche Vorteile hat die Wasserkraft?
• Die Energieerzeugung aus Wasserkraft ist erneuerbar und CO2-frei.
• Wasserkraftwerke sind langlebig und erzeugen mit hohem Wirkungsgrad (bis zu 90 %) Energie.
• Wasserkraftwerke erzeugen zuverlässig und gleichmäßig Energie, unabhängig von Wetterlage, Tages- oder Jahreszeiten.
• Wasserkraft ist daher gut planbar und liefert so die sogenannte „Grundlast“ an Energie, die für eine sichere und durchgehende Energieversorgung wichtig ist.
• Die Nutzung von Wasserkraft in Speicherkraftwerken garantiert die emissionsfreie Speicherung von Energie.
• Die Stauanlagen von Wasserkraftwerken dämpfen durch die Retentionswirkung Hochwässer.
• Wasserkraftwerke entfernen über Rechenreinigungsanlagen treibenden Zivilisationsmüll aus dem Wasser.
• Oftmals lassen sich im Zuge von Erneuerungen von bestehenden Wasserkraftwerken gezielte ökologische Verbesserungen umsetzen, wie beispielsweise die Verbesserung der Fischdurchgängigkeit.
• Wasserkraftwerke haben im Vergleich zu anderen Erzeugungsanlagen bei entsprechender Wartung eine sehr hohe Nutzungsdauer. So sind Anlagen mit einem Alter von über 100 Jahren keine Seltenheit.
Welche Rolle spielt die Wasserkraft in der EVN?
Für die EVN spielt die Wasserkraft seit jeher eine tragende Rolle. Vor über 120 Jahren ging das Speicherkraftwerk Wienerbruck in Betrieb – die Urzelle der heutigen EVN – gebaut zur Versorgung der Mariazeller Bahn. Es folgten viele kleine und auch größere Wasserkraftwerke, rundherum sind damals die ersten Stromnetze entstanden. Daraus wurde langsam ein zusammenhängendes Netz und schlussendlich das, was damals NEWAG und heute EVN heißt. Heute betreibt die evn naturkraft Erzeugungsgesellschaft m.b.H., eine 100 %-Tochtergesellschaft der EVN AG, insgesamt 65 Wasserkraftwerke Diese teils über 100 Jahre alten Kraftwerke haben eine zentrale Bedeutung in der Klima- und Energiestrategie der EVN.
Das Stichwort ist hier „Modernisierung“: Durch den Einsatz moderner Turbinen kann der Wirkungsgrad von bereits bestehenden Wasserkraftwerken erhöht werden, ohne neue Kraftwerke errichten zu müssen. Dabei werden oftmals zusätzliche ökologische Verbesserungen erreicht. In Kombination mit Wind- und Sonnenkraft bietet die Wasserkraft eine stabile erneuerbare Energiegewinnung. Eine ideale Kombination für eine erfolgreiche, erneuerbare Energiezukunft.
Aktuell betreibt die EVN Naturkraft fünf Speicherkraftwerke und 60 Laufkraftwerke in Niederösterreich (51) und der Steiermark (9). Die Wasserkraftwerke verfügen über eine Gesamtleistung von rd. 110 MW. Jährlich werden damit im Durchschnitt 290 GWh Ökostrom sauber und nachhaltig produziert. Diese Menge reicht aus, um mehr als 82.000 Haushalte zu versorgen. Gleichzeitig werden 150.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart. Darüber hinaus liefern unsere Wasserkraftwerke einen wichtigen Beitrag zur regionalen Stromversorgung und zur Stabilisierung des Stromsystems.
Welche Arten von Wasserkraftwerken gibt es?
Es gibt verschiedene Wasserkraftwerke, die sich nach der Art und Weise, wie sie die Energie des Wassers nutzen, unterscheiden. Die wichtigsten sind:
- Laufwasserkraftwerke sind die am häufigsten vorkommenden Wasserkraftwerke. Sie sind rund um die Uhr in Betrieb und werden in der Regel zum Abdecken der Strom-Grundlast eingesetzt. Laufwasserkraftwerke nutzen durch Gefällestufen (Wehranlagen) die Energie eines Flusses, ohne dabei seine natürliche Wasserfracht zu verändern. Dabei bestimmt neben der Höhe der Wehranlage nur die Wassermenge die Leistung. Details zu den Laufkraftwerken der EVN Naturkraft findest du hier.
- Speicherkraftwerke stauen mit einer Staumauer Wasser von natürlichen Gewässern zu einem Stausee und produzieren nur dann Strom, wenn die Nachfrage nach elektrischer Energie entsprechend hoch ist. Sie dienen daher häufig zum Ausgleich von Spitzenlast, also immer dann, wenn besonders viel Strom gebraucht wird. Speicherkraftwerke nutzen die potenzielle Energie des Wassers, weshalb die Fallhöhe zwischen dem Staupegel und dem Auslauf beim Krafthaus eine entscheidende Rolle bei der erbringbaren Leistung spielt. Speicherkraftwerke können innerhalb weniger Minuten ein- und ausgeschaltet werden und bilden damit eine flexible Reserve für Zeiten mit erhöhtem Strombedarf. Mit entsprechender Ausstattung sind Speicherkraftwerke „schwarzstartfähig“ – d.h. sie können im Falle eines großflächigen Stromausfalls mit der Stromproduktion starten und derart herangezogen werden, das Stromnetz wieder aufzubauen. Unser Kraftwerk Ottenstein ist ein solches schwarzstartfähiges Kraftwerk. Hier findest du alles über unsere fünf Speicherkraftwerke.
- Pumpspeicherkraftwerke stellen eine Sonderform von Speicherkraftwerken dar. Sie unterscheiden sich von normalen Speicherkraftwerken dadurch, dass sie das bei der Stromerzeugung abgearbeitete Wasser in einem zweiten Stausee beim Krafthaus sammeln. Bei Stromüberschuss können sie diese Wässer wieder in den oberen Stausee zurückpumpen. Strom kann damit als potentielle Energie in Form des höher gepumpten Wassers gespeichert werden. Pumpspeicherkraftwerke dienen derart neben der Deckung des Strombedarfs in Spitzenzeiten gleichzeitig auch zur Speicherung von Strom in Zeiten mit wenig Strombedarf. Man nennt sie deshalb auch „grüne Batterien“.
Wie viele Wasserkraftwerke gibt es in Österreich?
Ende 2018 existierten in Österreich laut dem aktuellen Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan 2021 des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (abrufbar hier) insgesamt 3.036 Wasserkraftwerke, davon 2.923 Laufkraftwerke und 113 Speicherkraftwerke.
Die überwiegende Mehrheit, rd. 95 % aller Anlagen, sind Kleinwasserkraftwerke mit einer installierten
Engpassleistung von bis zu 10 MW Leistung, welche speziell im lokalen Bereich eine entscheidende Rolle für die Versorgungssicherheit spielen. Auf diese Anlagen entfällt ein Anteil von
knapp 10 % der installierten Engpassleistung sowie von rd. 13 % der Jahresstromerzeugung aus
Wasserkraft in Österreich.
Die Stromerzeugung aus Wasserkraft ist mit einem Anteil von bis zu 70 % eine der bedeutendsten Quellen für die Stromerzeugung in Österreich. Im Jahr 2020 wurden beispielsweise rund 45.500 Gigawattstunden Strom aus Wasserkraftwerken produziert.
Wann & wie werden Wasserkraftwerke genehmigt?
Vor dem Bau von Wasserkraftwerken wird deren Einreichentwurf von Seiten der Behörde eingehend auf die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und Regeln geprüft. Erst nach Durchführung gegebenenfalls erforderlicher Projektanpassungen und zumeist unter Erteilung von verschiedenen Auflagen werden die wasserrechtlichen und naturschutzrechtlichen Bewilligungen für den Bau erteilt. Ab einer gewissen Projektgröße erfolgt die Bewilligung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung, bei der die Auswirkungen auf alle relevanten Schutzgüter akribisch untersucht werden.
Kann die Wasserkraft in Niederösterreich noch ausgebaut werden?
Das Potential für gänzlich neue Wasserkraftanlagen in Niederösterreich ist weitestgehend ausgeschöpft. Neue Projekte verursachen oft heftige Konflikte mit Natur- und Umweltschutzgruppen. Selbst die effizienzsteigernden Erneuerungen von Bestandsanlagen unter Einhaltung des Standes der Technik, der Ökologie und des Naturschutzes sind oftmals mit starken Protesten konfrontiert.
Die EVN setzt zur Leistungssteigerung auf Revitalisierungen, also die Modernisierung von bereits bestehenden Wasserkraftwerken. Dabei werden alte Kleinwasserkraftwerke durch neue, effizientere Anlagen ersetzt.
Ein Beispiel dafür ist das Kraftwerk Ochsenburg.
Welche Rolle spielt die Wasserkraft bei der Energiezukunft?
Wasserkraft ist seit jeher eine tragende Säule der österreichischen Energiewirtschaft. Für den hohen Anteil an erneuerbarem Strom, den Österreich auch im europäischen Vergleich aufweist, sind zu einem großen Teil die vielen Wasserkraftwerke verantwortlich, die in vergangenen Jahrzehnten errichtet wurden. Die Nutzung von Wasserkraft hat einen besonderen Stellenwert bei der Energiezukunft, da sie nicht nur die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert und CO2-neutral ist, sondern auch eine wichtige Rolle bei der Abdeckung des Grundstrombedarfs spielt und Schwankungen der Energienachfrage ausgleichen kann.
Österreich verfolgt das Ziel bis 2030 100 % Ökostrom zu erreichen, wobei es bei der Wasserkraft zu einem Ausbau von 5 TWh kommen soll. Bereits jetzt liegt der Anteil der Wasserkraft im Energiemix bei über 70 %. Um den Energieertrag aus Wasserkraft zu steigern, sollen vor allem bestehende Anlagen verbessert oder ausgebaut werden. Standortsanierungen können darüber hinaus dazu beitragen, die Umweltverträglichkeit von Wasserkraftwerken zu erhöhen. Somit ist die Wasserkraft eine spannende Herausforderung, die sowohl technische, als auch ökologische Aspekte berücksichtigen muss. Sie hat das Potential, einen wichtigen Beitrag zur erneuerbaren Energiezukunft und zum Klimaschutz zu leisten.
Wo kann man Wasserkraftwerke der EVN Naturkraft besichtigen?
Es gibt die Möglichkeit folgende vier Wasserkraftwerke der EVN zu besuchen:
• Pumpspeicherkraftwerk Ottenstein
• Speicherkraftwerk Wienerbruck
• Kleinwasserkraftwerk Dorfmühle
• Kleinwasserkraftwerk Schwellöd
Weitere Informationen zu den Kraftwerken, zur Anmeldung und über Führungen findest du hier.